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Ein Degu namens Maus

Ein Degu namens MausEin Degu namens MausEin Tierchen gehört noch mit ins Rudel, das auch aus dem Vergnügungspark stammt. Auch hier war das Interesse an dem Tier verloren gegangen, und wir konnten es samt Minikäfig mitnehmen. Ursprünglich waren drei Degus in dem engen Käfig. Die anderen zwei sind „irgendwie abhanden“ gekommen, hieß es. Ich will nicht wild spekulieren, aber es gibt einige Indizien, die auf den Charakter und das grundsätzliche Verhalten des dritten, verbliebenen Degus schließen lassen. Eine große Ecke war aus der Käfigwanne herausgebrochen, hier hätten Degus problemlos entwischen können. Dem dritten Degu, unserer Maus, wurde das Schwanzende abgebissen (und hat damit das Markenzeichen der Degus, den "Pinsel" am Schwanzende, verloren). Maus war höchst verstört, als wir ihn aufnahmen. Er hat sich pausenlos in dunklen Ecken versteckt, zum Fressen kam er nur heimlich heraus (was auch der Grund war, warum er zum Streichelzoo nicht mehr taugte...). In den ersten Tagen haben wir einmal vergessen, die Käfigtür zu schließen, und sie stand den ganzen Tag offen. Maus ist nicht weggelaufen.

Degus sind wie Kaninchen Gruppentiere. Eine Nachfrage bei Degu-Experten beruhigte uns: Es gebe auch Einzelgänger, die tatsächlich am besten alleine klar kommen. Und Maus muss einer dieser Einzelgänger sein. Vor allem bei negativen Erfahrungen mit Artgenossen. Naja, bin nach wie vor unsicher, allerdings macht Maus heute einen sehr zufriedenen Eindruck. Und Degus sind nicht so leidensfähig wie Kaninchen, die sich still in ihr Schicksal ergeben. Still. Haha, dies ist ein Adjektiv, das auf den Degu namens Maus absolut nicht zutrifft. Er schwätzt unendlich viel, und sein Laut-Repertoire ist enorm. Hört man ihm lange und aufmerksam zu, kann man ihn verstehen. So hat er mir z. B. letztens "gesagt", dass eine Hausmaus in sein Gehege eingedrungen ist. Und er hat nicht eher Ruhe gegeben, bis ich überall herumgestochert hatte, um den Eindringling zu vertreiben. (Soviel auch zu der Aussage, dass Degus Mäuse beim ersten Anblick niedermetzeln - nicht unser Degu. Dafür ist er viel zu friedfertig. Passt halt zu uns.)

Maus hat ein Riesengehege innerhalb des Kaninchengeheges erhalten, in dem er hemmungslos umher rennen kann. In einem Teil hat er ein großes Nest gebaut, für das er ständig Baumaterial zum Ausbessern erhält. Planvoll schaufelt er zunächst alles Material auf einen Haufen, betrachtet es, und verbaut es im Anschluss. Außerdem liebt er seine Sandbäder und das Rennen im Laufrad. Als wir für die Kaninchen das Außengehege angebaut haben, bekam Maus selbstverständlich auch einen Ausgang dorthin - jeden Morgen begrüßt er dort die Sonne (wenn sie scheint, heißt das). Überhaupt ist das angebaute Minigehege draußen immer gut für ausgiebige Sonnenbäder auf seinem Beobachtungsposten.

Und wachsam beobachten, das tut er im Grunde ständig. Seine Aufmerksamkeit übersteigt erstaunlicherweise die der Kaninchen - ich weiß nicht wie oft schon sein Warnruf die Kaninchen in ihre bekannte Starre versetzt hat. Ja. Kaninchen und Degus sprechen eine komplett andere Sprache, gemäß Literatur dürften sie sich überhaupt nicht verstehen. Aber Maus hört enorm gut und warnt bei Gefahr mit seinem typischen Pfeifton. Und die Wackelnasen haben darauf von Anfang an postwendend reagiert. Ein faszinierendes Beispiel für spezies-übergreifende Kommunikation.

Ganz besonders liebt Maus unser abendliches Ritual, wenn er mir Geschichten erzählt und nebenher Sonnenblumenkerne und Erbsenflocken aus meiner Hand bekommt. Und immer, wenn wir uns ansehen, strahlt aus seinen winzigen Äuglein eine erstaunliche Intelligenz - und ich bin sicher, dass wir uns prächtig verstehen. Und als Letztes jeden Abend, bevor ich gehe, bekommt er eine besonders große Erbsenflocke mit immer den selben Worten: "Schön aufpassen, schön schlafen und schön einmummeln." 
Richtig. Die Reihenfolge ist voll daneben. Korrekt wäre erst einmummeln und dann einschlafen. Aber mit dem Abschieds-Ritual habe ich angefangen, ohne genau über einen vernünftigen Sinn nachzudenken. Wichtig war nur, immer denselben Wortlaut mit dem stets gehobenen Zeigefinger vor seinem Köpfchen als Ritual zu etablieren. Ich hätte auch täglich "Morgen kommt der Weihnachtsmann" singen können, der Effekt wäre derselbe: Ich kann mich auf Maus verlassen, denn ich weiß, dass er seine Verantwortung als Wächter ernst nimmt.